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Arbeitsvertrag § Grundlagen, Arten & Leistungspflichten

Viele Menschen befinden sich in einem Beschäftigungsverhältnis, welches durch einen Arbeitsvertrag begründet und geregelt wird. Das Arbeitsrecht hat – nicht nur in der Schweiz – eine grosse Bedeutung und bietet viele Gestaltungsmöglichkeiten, die schliesslich auch zum Rechtsstreit führen können. In diesem Beitrag erfahren Sie, was ein Arbeitsvertrag ist, wer die Vertragsparteien sind, welche Leistungspflichten bestehen und welche Arten von Arbeitsverträgen es gibt. Ausserdem wird auf die Kündigung Arbeitsvertrag, Kündigungsfristen und geltende Formvorschriften eingegangen.

Inhaltsverzeichnis

Gesetzliche Grundlagen für den Arbeitsvertrag

Da der Arbeitsvertrag eine wichtige Rolle im Wirtschaftsgefüge spielt, sieht der Gesetzgeber spezielle Regelungen vor, die für alle Arbeitsverträge gelten sollen. Diese Regelungen finden sich im sogenannten Obligationenrecht (Teil des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs). Die Normen, die den Arbeitsvertrag betreffen, können in den Artikeln 319 ff. OR nachgelesen werden. Diese Bestimmungen sind jedoch nicht abschliessend und werden durch weitere nicht gesetzliche Regelungen ergänzt. Solche Zusatzbestimmungen können sich aus dem individuellen Arbeitsvertrag, der Rechtsprechung, Gesamtarbeitsverträgen, Normalarbeitsverträgen und ähnlichem ergeben.

Definition des Arbeitsvertrags

Der Arbeitsvertrag wird im Gesetz legaldefiniert. Nach Art. 319 OR verpflichtet der Arbeitsvertrag den Arbeitnehmer auf bestimmte oder unbestimmte Zeit eine Leistung von Arbeit im Dienst des Arbeitgebers zu verrichten. Im Gegenzug steht dem Arbeitnehmer ein Lohn zu, der durch den Arbeitgeber geleistet werden muss. Der Lohn kann entweder nach Zeitabschnitten (Zeitlohn) fällig werden oder nach der geleisteten Arbeit (Akkordlohn) bemessen werden.

Damit Arbeitsverträge wirksam geschlossen werden können, müssen zwei übereinstimmende Willenserklärungen abgegeben werden (s. Art. 1 OR). Im Gegensatz zum Treuhandvertrag, ist der Arbeitnehmer bei einem Arbeitsvertrag vollständig in die Organisation des Arbeitgebers eingebunden. Im Voraus müssen also die wesentlichen Vertragspunkte – auch essentialia negotii genannt – geklärt und in den zu schliessenden Vertrag aufgenommen werden. Das bedeutet, dass ein Arbeitsvertrag folgende Informationen enthalten muss:

  • Wer sind die Vertragsparteien?
  • Wann beginnt und endet die Arbeitszeit?
  • Liegt ein unbefristeter oder befristeter Arbeitsvertrag vor?
  • Gelten besondere Kündigungsfristen?
  • Wie viel Urlaub steht dem Arbeitnehmer zu?
  • An welchem Ort muss die Leistung erbracht werden (Arbeitsort)?
  • Wie viel und in welcher Form wird die Entlohnung geleistet?
  • Gibt es Regelungen über die Probezeit?
Gestaltungsfreiheit bei Arbeitsverträgen

Bei der Gestaltung eines Arbeitsvertrages haben die Vertragsparteien bewusst einen gewissen Spielraum, um die individuelle Situation der Beteiligten abzubilden. Das führt dazu, dass das Arbeitsrecht ein komplexes und streitanfälliges Thema ist.

Abgrenzung: Arbeitsvertrag und Werkvertrag

Der Werkvertrag zeichnet sich dadurch aus, dass dieser dazu verpflichtet, ein bestimmtes Werk herzustellen. Es wird also ein konkreter Erfolg geschuldet. Bei einem Arbeitsvertrag muss nur eine bestimmte Tätigkeit erledigt werden, wobei es auf den konkreten Erfolg nicht ankommt. Stellen Sie sich vor, dass A den Bau eines Hauses bei Bauunternehmer B beauftragt. Bei B ist der Bauarbeiter C angestellt.

  • Werkvertrag zwischen A und B = Ziel der Herstellung eines Hauses
  • Arbeitsvertrag zwischen B und C = Pflicht beim Bau zu helfen
Mehr zum Thema: Werkvertrag

Vertragsparteien – Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Bei einem Arbeitsvertrag handelt es sich um ein Schuldverhältnis, welches zwischen zwei Parteien besteht. Aus diesem Schuldverhältnis ergeben sich Haupt- und Nebenleistungspflichten, die gegenseitig erfüllt werden müssen. Die Vertragsparteien werden im arbeitsrechtlichen Kontext “Arbeitnehmer” und “Arbeitgeber” genannt. Arbeitgeber müssen dem Arbeitgeber den Lohn zahlen, während Arbeitnehmer eine Leistung von Arbeit im Dienst des Arbeitgebers verrichten müssen.

Leistungspflichten für den Arbeitsvertrag

Die Hauptleistungspflichten beim Arbeitsvertrag ergeben sich aus dem Gesetz bzw. aus der Natur der Sache. Nach Art. 319 OR ist der Arbeitgeber verpflichtet den Lohn zu zahlen. Die Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers ist ebenfalls in Art. 319 OR geregelt. Dieser muss die Arbeit im Sinne des Arbeitgebers verrichten. Entscheidend ist, dass der Erfolg nicht darin besteht, eine bestimmte Aufgabe / Arbeit tatsächlich zu bewältigen. Die Bezahlung wird immer dann fällig, wenn auch die vertraglich verabredete Tätigkeit ausgeführt wurde.

Beispiele für erfüllte Leistungspflichten:

  • Rechtzeitige Entlohnung
  • Erbringung einer Arbeitsleistung

Nebenleistungspflichten aus dem Arbeitsvertrag

Nebenleistungspflichten können sich ebenfalls aus dem Gesetz ergeben oder durch individuelle Verabredungen begründet werden. So hat zum Beispiel der Arbeitnehmer gem. Art. 330a OR einen Anspruch auf die Anfertigung eines Arbeitszeugnisses vom Arbeitgeber. Gleichzeitig ist es dem Arbeitnehmer verboten, dem Arbeitgeber Schaden zuzufügen. Es gibt zahlreiche weitere Nebenleistungspflichten, die sich aus Arbeitsverträgen ergeben können. Es kommt auf den genauen Wortlaut des Vertrages an und in welchem Beschäftigungsverhältnis sich der Angestellte befindet.

Beispiele für Nebenleistungspflichten:

  • Ausstellung eines Arbeitszeugnisses
  • Festlegung eines Wettbewerbverbotes im Arbeitsvertrag (Konkurrenzverbot)
  • Meldepflicht bei Krankheit (gegenüber dem Arbeitgeber)
  • Arbeitgeberfürsorgepflicht

Arten des Arbeitsvertrages

Eine Besonderheit des Schweizerischen Rechts ist, dass es unterschiedliche Arten von Arbeitsverträgen gibt. Es ist also entscheidend, zu wissen, welche Art Arbeitsvertrag vorliegt bzw. geschlossen werden soll: ein normaler Einzelarbeitsvertrag, ein Gesamtarbeitsvertrag oder ein Normalarbeitsvertrag. Weiters gibt es auch Arbeitsvertrag Geschäftsführer. Gesamtarbeitsverträge und Normalarbeitsverträge sind Ausnahmefälle, die nicht direkt zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geschlossen werden. Es handelt sich also um Ergänzungen. Je nach Art des Vertrages sind unterschiedliche Bestimmungen zu beachten:

Der Normalfall: Einzelarbeitsvertrag

In den meisten Fällen wird ein regulärer Arbeitsvertrag im Sinne eines Einzelarbeitsvertrages geschlossen. Die Vertragsparteien sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Es gelten keine besonderen Formvorschriften, sodass das Schuldverhältnis auch mündlich oder konkludent geschlossen werden kann. In der Praxis sollte ein Arbeitsvertrag jedoch stets schriftlich festgehalten werden. Der Einzelarbeitsvertrag kann entweder befristet oder unbefristet abgeschlossen werden.

Gesamtarbeitsvertrag (GAV)

Gesamtarbeitsverträge werden zwischen Arbeitgeberverbänden und Arbeitnehmerverbänden abgeschlossen. Es gibt verbindliche Gesamtarbeitsverträge, die für alle gelten und unverbindliche Gesamtarbeitsverträge, die nur für die jeweiligen Verbandsmitglieder gelten. In diesen Gesamtarbeitsverträgen wird das “absolute Minimum” geregelt – zum Beispiel ein Mindestlohn, der nicht unterschritten werden darf. Diese Gesamtarbeitsverträge gelten für eine bestimmte Branche bzw. Berufsgruppe. Diese Art von Vertrag kann entweder kantonal oder in der gesamten Schweiz gelten.

Normalarbeitsvertrag (NAV)

Normalarbeitsverträge werden vom Bund oder einzelnen Kantonen erlassen. Aktuell gibt es einen solchen Normalarbeitsvertrag beispielsweise für die Landwirtschaft. In diesem Erlass werden Arbeitszeiten, Löhne, Kündigungsfristen usw. geregelt. Diese Verträge gelten dann für alle darunterliegenden Arbeitsverhältnisse, soweit im individuellen Arbeitsvertrag nichts anderes vereinbart wurde.

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Kündigung & Kündigungsfristen für Arbeitsverträge

Wenn ein Arbeitsverhältnis aufgelöst werden soll, wird zumeist eine Kündigung ausgesprochen. Grundsätzlich kann der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer kündigen. Näheres zur Kündigung wird zumeist im Arbeitsvertrag geregelt. Besonders entscheidend ist die Kündigungsfrist. Sollten keine individuellen Fristen bestimmt sein, gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen für Arbeitsverträge nach Art. 335b und Art. 335c OR:

  • Innerhalb der Probezeit: 7 Tage Kündigungsfrist gem. Art. 335b OR.
  • Innerhalb des ersten Dienstjahres: 1 Monat Kündigungsfrist gem. Art. 335c I OR.
  • Zwischen dem zweiten und neunten Dienstjahr: 2 Monate gem. Art. 335c I OR.
  • Ab dem zehnten Dienstjahr: 3 Monate gem. Art. 335c I OR.

Der Arbeitsvertrag endet ebenfalls automatisch dann, wenn der Arbeitnehmer verstirbt. Sollte jedoch der Arbeitgeber sterben, so bleibt das Arbeitsverhältnis bestehen. Wenn der Arbeitgeber Konkurs anmelden muss, bedeutet dies das Ende des Beschäftigungsverhältnisses. Sollte ein befristeter Arbeitsvertrag geschlossen worden sein, so endet das Arbeitsverhältnis zum vereinbarten Termin. Eine Kündigung muss nicht ausgesprochen werden.

Möglichkeit der einvernehmlichen sofortigen Kündigung

Eine Möglichkeit den Arbeitsvertrag aufzulösen, ohne dass die Kündigungsfrist eingehalten werden muss, bietet der Aufhebungsvertrag. Diesem muss jedoch von beiden Parteien zugestimmt werden. In der Praxis geschieht dies selten.

Wie kann ein Anwalt für Vertragsrecht helfen?

Das Arbeitsrecht ist umfangreich und komplex. Es kann sich deshalb lohnen, die Beratung durch einen Anwalt in Anspruch zu nehmen. Dieser kann bestehende Arbeitsverträge prüfen, Ansprüche ermitteln und Klarheit über die Rechtslage schaffen. Besonders bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten ist eine anwaltliche Vertretung unabdingbar. Solche Streitigkeiten können sich bei Arbeitgeberkündigungen ergeben.

Aber auch die Klärung von Ansprüchen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses (z.B. Resturlaub) sind häufig Streitgegenstand. In diesen Fällen führt der Weg häufig vor Gericht, wo Sie durch Ihren Anwalt rechtlich vertreten werden. Sollten Sie einen Anwalt für Vertrags- bzw. Arbeitsrecht suchen, empfehlen wir Ihnen, unsere praktische Anwalts-Suchfunktion zu nutzen. Mit dieser finden Sie schnell und einfach kompetente Anwälte in Ihrer Nähe. Vereinbaren Sie noch heute kostenlos einen unverbindlichen Beratungstermin!

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FAQ: Arbeitsvertrag

Ja, der Arbeitgeber muss den Lohn trotzdem zahlen. Diese Lohnfortzahlungspflicht ergibt sich aus Art. 324a OR. Demnach muss der Arbeitgeber den Lohn – für eine beschränkte Zeit – in voller Höhe weiterzahlen, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit nicht verschuldet hat. Sollte der Arbeitsausfall jedoch das Verschulden des Arbeitnehmer sein, dann muss der Lohn nicht gezahlt werden. Krankheit ist in der Regel jedoch unverschuldet.
Das Gesetz sieht vor, dass der Arbeitsvertrag fristlos gekündigt werden kann. Nach Art. 334 OR ist eine fristlose Kündigung jedoch nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich (z.B. wenn der Angestellte Arbeitsmaterialien klaut). Auch wenn die fristlose Kündigung in der Praxis häufiger vom Arbeitgeber ausgesprochen wird, kann der Arbeitnehmer ebenso fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund könnte sein, dass der Arbeitgeber seine Lohnzahlungspflicht schuldhaft verletzt hat.
Es gilt grundsätzlich, dass das gilt, was im Arbeitsvertrag vereinbart wurde. Gibt es keine vertragliche Abrede, so richtet sich die Rechtslage nach dem Gesetz. Nach Art. 321c III OR müssen Überstunden nach dem Normallohn mit einem Zuschlag von 25 % bezahlt werden. Häufig wird jedoch im Arbeitsvertrag ein Freizeitausgleich gem. Art. 321c II OR vereinbart. Demnach können Überstunden mit dem normalen Lohn abgegolten sein oder es kann eine Pflicht dazu bestehen, den Freizeitausgleich in Anspruch zu nehmen.
Ein Beitrag der Vertragsrecht-Redaktion
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