Rechtliche Möglichkeiten für Geschädigte
Je nachdem, um welche Form von Vertragsbruch es sich handelt, ist eine andere Vorgehensweise erforderlich. Um Schadenersatzanspruch bei Vertragsbruch geltend zu machen, kann es zum Beispiel notwendig sein, den Vertragspartner in Verzug zu setzen. Grundsätzlich gilt: Bevor der Weg vors Gericht beschritten wird, sollten die richtigen Schritte gesetzt werden, um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass der Gerichtsweg erfolgversprechend ist. So ist etwa auch für die Ausübung des Wahlrechts (um zum Beispiel vom Vertrag zurückzutreten) eine Mitteilung an den betreffenden Vertragspartner nötig – aus Beweisgründen am besten in jedem Fall mittels eingeschriebenem Brief.
Ansprüche bei Nichterfüllung
Bei Nichterfüllung aufgrund der Unmöglichkeit ist es nicht notwendig, den Vertragspartner in Verzug zu setzen. Da die Leistung nicht mehr erbracht werden kann, entstehen die Ansprüche mit Eintritt der Unmöglichkeit automatisch. Ist die Erfüllung hingegen möglich, ist dem Vertragspartner eine Frist für die nachträgliche Erbringung der Leistung zu setzen. Es kann unter Umständen auch Ersatz des Verzugsschadens eingefordert werden, wenn sich der Vertragspartner bereits in Verzug befindet und es ihm nicht möglich ist, die Leistung nachträglich zu erbringen.
Welche rechtlichen Möglichkeiten sich im Einzelfall anbieten, hängt von mehreren Faktoren ab – unter anderem auch von der Art des Vertrags und den konkreten Umständen. Dies wurde im Abschnitt „Folgen bei Nichterfüllung“ bereits ausführlich geschildert. Folgende Ansprüche können auf dem Rechtsweg geltend gemacht werden:
- Klage auf Erfüllung der Leistung bzw. einer Ersatzleistung wenn möglich
- Rückabwicklung bei Unmöglichkeit: Rückforderung bereits erbrachter Leistungen
- Bei verschuldeter Nichterfüllung zudem Anspruch auf Schadenersatz
Ansprüche bei Schlechterfüllung
Es besteht gegebenenfalls die Möglichkeit, den Vertragspartner mittels Klage nicht nur zur Leistung von Schadenersatz, sondern auch zur vertragsmässig vereinbarten Leistungserfüllung zu verpflichten – es sei denn, dies wurde vertraglich ausgeschlossen. Bei wesentlicher Vertragsverletzung ist ein Rücktritt vom Vertrag möglich. Hierbei ist zu unterscheiden, ob es sich bei den Leistungen um Haupt- oder Nebenleistungspflichten handelt, wobei bei den Nebenleistungspflichten wiederum zu differenzieren ist, ob es sich um selbständige oder unselbständige Nebenpflichten handelt. Während man als Vertragspartei die Erfüllung der Hauptleistungspflichten und der selbständigen Nebenleistungspflichten einklagen kann, kann die Erfüllung unselbständiger Nebenpflichten nicht auf dem Rechtsweg eingefordert werden. Stattdessen kann unter Umständen Schadenersatz geltend gemacht werden.
- Hauptleistungspflichten sind die im Vertrag wesentlichen Leistungspflichten. Diese können eingeklagt werden, um deren Erfüllung zu erreichen.
- Selbständige Nebenleistungspflichten stehen in Beziehung zu den Hauptleistungspflichten und können wie diese eingeklagt werden.
- Unselbständige Nebenleistungspflichten wie etwa Mitteilungspflichten oder Obhuts- und Sorgfaltspflichten können nicht gerichtlich erzwungen werden, es können jedoch Schadensersatzansprüche bestehen.
Handelt es sich um einen Vertragsbruch Kaufvertrag und es bestehen Mängel an der Ware, ist zu beachten, dass diese umgehend zu beanstanden sind, und zwar am besten schriftlich per Einschreiben, um dies auch nachweisen zu können. In dem Schreiben sollten Sie auch mitteilen, für welche der im Abschnitt „Folgen bei Vertragsbruch Kaufvertrag“ angeführten Wahlmöglichkeiten Sie sich entschieden haben.
Ansprüche antizipierter Vertragsbruch
Im Falle eines antizipierten Vertragsbruchs ist es nicht nötig, den Schuldner in Verzug zu setzen. Der Gläubiger kann vor Fälligkeit der Leistung vom Vertrag zurücktreten und die von ihm bereits erbrachten Leistungen zurückfordern, den Vertrag aufrechterhalten und auf die Erfüllung bestehen oder auf die Erfüllung verzichten und Schadenersatz aufgrund der Nichterfüllung fordern. Der Gläubiger kann bereits vor Zeitpunkt der Fälligkeit zivilprozessuale Mittel ergreifen, wenn er auf die Erfüllung besteht. Die Gutheissung einer Leistungsklage, eines Gesuchs um Erlass vorsorglicher Massnahmen oder einer Vollstreckung gelangt jedoch erst mit Fälligkeit zur Wirkung.
Ansprüche bei Späterfüllung
Im Falle eines Späterfüllung muss der Gläubiger tätig werden und den Schuldner durch Mahnung in Verzug setzen, wenn dieser nicht ohnehin automatisch in Verzug geraten ist, weil ein genauer Termin für die Leistungserbringung vereinbart war. Bei Geldforderungen fallen Verzugszinsen in der Höhe von 5 % oder mehr an. In der Regel ist dem Schuldner eine angemessene Nachfrist für die Erfüllung des Vertrages zu gewähren. Auf eine Nachfrist kann beispielsweise dann verzichtet werden, wenn die Leistung nach Fälligkeit nicht mehr benötigt wird. Bleibt die Erfüllung auch nach Ablauf der Nachfrist aus, kann der Gläubiger:
- auf die Leistung bestehen und Erfüllung einklagen. Zudem kann Schadenersatz für Verspätung eingefordert werden.
- auf die Leistung verzichten und entweder Schadenersatz wegen Nichterfüllung geltend machen oder vom Vertrag zurücktreten und bereits erbrachte Leistungen zurückfordern.
- Der Leistungsverzicht (und die gewünschte Vorgangsweise) ist dem Schuldner unverzüglich mitzuteilen.
Wie kann ein Anwalt für Vertragsrecht helfen?
Die Gründe, warum ein Vertrag nicht erfüllt wird, sowie die jeweiligen Situationen und Auswirkungen können mannigfaltig sein. Daher kann es empfehlenswert sein, juristische Unterstützung in Anspruch zu nehmen, um eine geeignete Lösung zu finden. Es kann sich durchaus lohnen, rechtliche Schritte in die Wege zu leiten und zum Beispiel Schadenersatz bei Vertragsbruch einzufordern. Wird diese Option in Erwägung gezogen, wird ein Rechtsanwalt für Vertragsrecht nicht nur die Vertretung vor Gericht übernehmen, sondern auch vorab prüfen, wie die Chancen stehen und ob dies tatsächlich die beste Vorgehensweise ist. Unter Umständen ist auch eine aussergerichtliche Einigung möglich. Auch wenn die eigenen Anstrengungen bisher gescheitert sind, kann dies in vielen Fällen mit Hilfe eines Anwalts doch noch erreicht werden.
Welche Ansprüche bestehen und wie diese geltend zu machen sind, kann auch je nach Art von Vertrag variieren und es sind diverse Einzelheiten zu berücksichtigen. Neben einer Kenntnis der Rechtslage ist auch eine gute Strategie erforderlich, um seine Interessen bei Vertragsbruch bestmöglich zu wahren – sei es, wenn man selbst vertragliche Pflichten verletzt hat oder von einem Vertragsbruch betroffen ist.