Automatische Vertragsverlängerung § Voraussetzungen, Folgen & mehr
- Redaktion
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Eine automatische Verlängerung von Verträgen kann für Kunden manchmal durchaus praktisch sein. Möchte man nach Ablauf der Laufzeit am Vertragsverhältnis festhalten, bedarf es in dem Fall keines Tätigwerdens seitens des Kunden, um die Leistung weiterhin in Anspruch zu nehmen. Für den Kunden bedeutet das nicht nur weniger Aufwand – es können auch Probleme, die durch ein unerwartetes Vertragsende auftreten können, vermieden werden. Doch kann eine automatische Vertragsverlängerung auch ein grosses Ärgernis darstellen, vor allem wenn diese Bedingung nicht bekannt war und eine automatische Vertragsverlängerung ohne Benachrichtigung erfolgt. Wann und wie Sie eine automatische Vertragsverlängerung widerrufen können? Dieser und weiteren Fragen gehen wir im Folgenden nach.
- Das Wichtigste in Kürze
- Ein befristeter Vertrag kann mit der entsprechenden Vertragsklausel nach Ablauf der Laufzeit automatisch verlängert werden.
- Eine automatische Vertragsverlängerung kann unter Umständen zulässig sein, vor allem wenn diese kundenfreundlich umgesetzt wird.
- Voraussetzung für die Gültigkeit einer automatischen Verlängerung eines Vertrages ist mitunter ein ausdrücklicher Hinweis
- Klauseln zur automatischen Vertragsverlängerung können gegebenenfalls unter Berufung auf eine bestehende Unlauterkeit oder Ungewöhnlichkeit angefochten werden.
Rechtslage zur automatischen Vertragsverlängerung
Die Frage, inwieweit eine automatische Verlängerung von Verträgen zulässig und durchsetzbar ist, wird im Schweizer Recht kontrovers diskutiert. Strittig ist jedoch weniger die Zulässigkeit einer automatischen Vertragsverlängerung per se, vielmehr ist unklar, in welchem Ausmass ein generelles, jederzeitiges Kündigungsrecht besteht. Dem Kunden stünde es damit ohnehin zu, den Vertrag ohne die Beachtung von Fristen zu kündigen und dies würde letztlich auch im Falle einer automatischen Vertragsverlängerung gelten.
So sieht zum einen Artikel 404 des Obligationenrechts (OR) vor, dass Aufträge von den Vertragsparteien jederzeit widerrufen bzw. gekündigt werden können. Wenn dies jedoch zur Unzeit erfolgt, ist der Kündigende verpflichtet, den dem Vertragspartner verursachten Schaden zu ersetzen. Zum Anderen ist die durch Artikel 19 des Obligationenrechts (OR) festgeschriebene Vertragsfreiheit zu berücksichtigen, welche vorsieht, dass der Inhalt eines Vertrages innerhalb der Schranken des Gesetzes beliebig festgelegt werden kann. Es können zwar auch Vereinbarungen getroffen werden, die von den gesetzlichen Vorschriften abweichen – dies jedoch nur, solange es sich dabei nicht um eine unabänderliche gesetzliche Vorschrift handelt und die abweichende Vereinbarung einen Verstoss gegen die öffentliche Ordnung, gegen die guten Sitten oder gegen das Recht der Persönlichkeit darstellen würde.
Ob es sich nun bei Artikel 404 des Obligationenrechts (OR) um eine zwingende gesetzliche Vorschrift handelt oder ob diese durch vertragliche Vereinbarung abgeändert werden kann, gab unter Rechtsexperten Anlass zur Debatte. Gemäss ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts ist das jederzeitige Kündigungsrecht jedoch zwingend und darf keinen vertraglichen Einschränkungen unterworfen werden. Daneben kann es je nach Situation und Art des Vertrags noch weitere rechtliche Ansatzpunkte geben, die eine automatische Vertragsverlängerung anfechtbar machen.
So kam beispielsweise die Schlichtungsbehörde des Kantons Bern in einem Fall bezüglich eines Dienstleistungsvertrages mit einer Dating-Plattform zu dem Ergebnis, dass die angefochtene automatische Vertragsverlängerung widerrechtlich sei, da sie gegen das Lauterkeitsrecht Verstösse. Denn gemäss Artikel 8 des Bundesgesetzes gegen den Unlauteren Wettbewerb (UWG) sind Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), die gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossen und für Konsumenten ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis zwischen den vertraglichen Rechten und Pflichten darstellen, missbräuchlich und unlauter.
Definition der automatischen Verlängerung von Verträgen
Wird ein Vertrag für eine bestimmte Laufzeit abgeschlossen, bedeutet dies im Normalfall, dass das Vertragsverhältnis nach Ablauf dieser Laufzeit auch tatsächlich beendet ist. Doch ist dies nicht zwangsläufig der Fall. Es ist nämlich möglich, dass sich im Vertrag – dabei handelt es sich in vielen Fällen um die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) – eine Klausel findet, nach welcher das Vertragsverhältnis nach Ablauf der Laufzeit um eine weitere Vertragsperiode verlängert wird, wenn dieses nicht rechtzeitig innert einer bestimmten Frist gekündigt wird. Es kommt in diesem Fall also zu einer automatischen Vertragsverlängerung.
Auch wenn eine automatische Verlängerung von Verträgen in manchen Fällen erwünscht sein kann, machen sich nicht wenige Anbieter diese Möglichkeit zunutze, um Kunden aus Unkenntnis dieser Vertragsbedingung entgegen ihrem Willen an ihr Angebot zu binden (Stichwort „Abofalle“). Häufig kommen noch lange Kündigungsfristen hinzu, die es den Kunden erschweren, rechtzeitig zu kündigen. Bei vielen Anbietern erfolgt die automatische Vertragsverlängerung ohne Benachrichtigung der Kunden. Besonders häufig ist eine automatische Verlängerung von Verträgen in folgenden Dienstleistung Sparten vorzufinden:
- Dating-Plattformen
- Fitnessstudios
- Softwareanbieter (beispielsweise für Antiviren-Programme)
- Reiseversicherungen
- diverse Abonnements, die nach einer kostenlosen Probephase automatisch als reguläre, kostenpflichtige Abonnements weitergeführt werden, wenn keine Kündigung erfolgt
- Zeitschriften-Abonnements
- Öffentliche Verkehrsmittel
Voraussetzungen für eine gültige Vertragsverlängerung
Ob eine automatische Vertragsverlängerung zulässig ist, kann von Fall zu Fall unterschiedlich sein. Zu prüfen wären die entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen – meist handelt es sich dabei um eine Sonderklausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Sofern diese gültig sind und es durch die Gesamtsituation nahegelegt ist, kann eine automatische Verlängerung von Verträgen durchaus rechtens sein. Die Ungültigkeit einer Klausel zur automatischen Vertragsverlängerung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) kann insbesondere im Falle einer Ungewöhnlichkeit zu bejahen sein.
Von einer Ungewöhnlichkeit kann zum Beispiel gesprochen werden, wenn seitens Anbieter kein für den Kunden erkennbares Bedürfnis nach Planungssicherheit besteht, das eine solche Klausel rechtfertigen würde. Gültig kann eine automatische Vertragsverlängerung insbesondere dann sein, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
- Der Anbieter hat bei Abschluss des Vertrages ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Vertrag automatisch verlängert wird.
- Der Kunde wurde bei Vertragsabschluss auf die Kündigungsfrist aufmerksam gemacht.
- Die Kündigung kann ohne grosse Hürden wie etwa lange Kündigungsfristen erfolgen.
- Der Vertrag verlängert sich nach Ablauf der Laufzeit wieder um dieselbe Dauer, kann aber von da an jederzeit unter Berücksichtigung einer Kündigungsfrist von maximal 2 Monaten gekündigt werden.
- Der Kunde wird rechtzeitig vor Ablauf der Vertragslaufzeit darüber informiert, dass der Vertrag verlängert wird, wenn keine Kündigung erfolgt.
Die genannten Voraussetzungen sind jedoch nicht gesetzlich verankert, es handelt sich vielmehr um Faktoren, die für die Gültigkeit einer automatischen Verlängerung eines Vertrages sprechen und daher auch von Bedeutung für die rechtliche Beurteilung sein können. Bemühungen, eine feste gesetzliche Grundlage zum Schutz der Konsumenten zu schaffen, mit der sich eine automatische Vertragsverlängerung ohne Benachrichtigung der Kunden verhindern lässt, sind bisweilen gescheitert.
Eine automatische Verlängerung von Verträgen ist auch nur mit Zustimmung des Vertragspartners verbindlich möglich. Die entsprechende Klausel muss sich also im Vertrag bzw. den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) befinden – ein versteckter Hinweis auf eine automatische Vertragsverlängerung auf der Website des Anbieters ist für den Kunden nicht verbindlich.
Folgen für die Vertragsparteien
Hat der Kunde – wissentlich oder unwissentlich – einer automatischen Verlängerung eines befristeten Vertrages zugestimmt, so bleibt das Vertragsverhältnis mangels fristgerechter Kündigung nach Ablauf der Vertragslaufzeit aufrecht und wird (wie vertraglich vereinbart) um eine weitere Vertragsperiode verlängert. Der Kunde wird also erneut an den Vertrag gebunden und hat die entsprechenden Leistungen weiterhin zu bezahlen. Eine Kündigung wird von den Anbietern oft nicht akzeptiert. Die Zahlungen werden einfach weiterhin automatisch vom Konto abgebucht oder der Anbieter droht mit einer Betreibung, wenn der Kunde auf die Vertragsbeendigung besteht und sich weigert zu bezahlen.
Der Kunde kann sich jedoch auf Artikel 404 des Obligationenrechts berufen, um den Vertrag jederzeit kündigen. Unter Umständen kann der Anbieter in diesem Fall jedoch Anspruch auf Schadenersatz geltend machen. Das ist dann der Fall, wenn die Kündigung zur Unzeit geschieht, also dem Anbieter in der Folge ein Vertrauensschaden erwächst. Die Höhe des Schadensersatzanspruchs wird vom Richter nach eigenem Ermessen unter Berücksichtigung der Umstände festgelegt. So kann der Anspruch auf Schadenersatz herabgesetzt werden oder auch gänzlich wegfallen, etwa wenn die Kündigung aufgrund des Verhaltens des Anbieters berechtigt erscheint.
Rechtliche Möglichkeiten zur Anfechtung
Klauseln, die eine automatische Vertragsverlängerung bewirken, sind zwar weit verbreitet, werden aber nur selten vor Gericht angefochten. Oft zahlt es sich für Konsumenten schlichtweg nicht aus, ein Gerichtsverfahren auf die Wege zu leiten. Denn jeder Rechtsstreit ist nicht nur mit Kosten, sondern auch mit gewissen Risiken verbunden. Je nach Einzelfall kann es jedoch durchaus sinnvoll sein, gegen eine automatische Vertragsverlängerung vorzugehen und dafür auch nicht den Weg vors Gericht zu scheuen – insbesondere dann, wenn hohe Geldsummen im Spiel sind.
Zuallererst sollte auf jeden Fall eine Kontaktaufnahme mit dem entsprechenden Anbieter erfolgen. Oftmals weigern sich die Anbieter jedoch, ihren Kunden entgegenzukommen und versuchen sogar, diese einzuschüchtern, indem sie diesen gerichtliche Schritte androhen. Ein solches Verhalten dient in vielen Fällen lediglich dazu, die Kunden über die schwache Rechtsposition des Anbieters selbst hinwegzutäuschen. Es empfiehlt sich daher, sich vorzubereiten und sich vorab über die Rechtslage zu informieren – Angriffspunkte für etwaige (erfolgreiche) Einschüchterungsversuche können so vermieden werden.
Konsumenten können sich auch an die Reklamationszentrale Schweiz wenden, um Unterstützung bei der Vertragskündigung zu erhalten. Auf der Website der Reklamationszentrale finden sich zahlreiche kostenlose Musterbriefe für verschiedenste Situationen. Zudem können diverse kostenpflichtige Angebote wie etwa juristische Analysen und Auskünfte in Anspruch genommen werden, auch ein rechtlich fundiertes Kündigungsschreiben für Datingplattformen kann angefordert werden.
Aus Beweisgründen empfiehlt es sich, ein entsprechendes Kündigungsschreiben aufzusetzen und dieses dem Anbieter per Einschreiben zukommen zu lassen – hierbei kann auch ein Rechtsanwalt behilflich sein. Sowohl für eine aussergerichtliche Einigung als auch für den Rechtsweg kann professionelle Unterstützung von einem spezialisierten Juristen in Anspruch genommen werden. Dies ermöglicht es der betroffenen Person, die in der jeweiligen Situation passende Vorgehensweise zu finden. Es können sich nämlich je nach Einzelfall andere Optionen bieten bzw. unterschiedliche Rechtsgrundlagen für die Argumentation herangezogen werden:
- Kündigung des VertragesSofortige Kündigung des Vertrages gemäss Artikel 404 des Obligationenrechts (OR), gegebenenfalls Rückforderung der geleisteten Zahlungen bzw. Stornierung der Rechnung.
- Anfechtung des Vertrages Unter Umständen kann man sich auch auf eine Formnichtigkeit des Vertrages berufen, womit auch die automatische Verlängerung des Vertrages obsolet ist.
- Automatische Vertragsverlängerung widerrufen Die Klausel zur automatischen Vertragsverlängerung kann auch hinsichtlich deren Ungewöhnlichkeit und Unlauterkeit angefochten werden.
Wie kann ein Anwalt für Vertragsrecht helfen?
Möchte man eine automatische Vertragsverlängerung widerrufen und sind bisher alle Versuche gescheitert, eine Einigung mit dem entsprechenden Anbieter herbeizuführen, ist es ratsam, einen Rechtsanwalt hinzuziehen. Auch wenn es vielleicht in einigen Fällen anders erscheinen mag, ist es oft auch nicht im Interesse der Anbieter, dass eine gerichtliche Entscheidung zur Zulässigkeit der von diesen vertraglich festgelegten automatischen Vertragsverlängerung ergeht. Mit juristischer Unterstützung kann daher oftmals schon auf aussergerichtlichem Wege erreicht werden, dass der Anbieter die Kündigung des Vertrages akzeptiert.
Wie eine automatische Vertragsverlängerung in Hinblick auf ihre Zulässigkeit zu beurteilen ist, kann jedoch je nach Einzelfall unterschiedlich sein. Eine Prüfung des betreffenden Vertrages durch einen Fachanwalt kann hierzu Auskunft geben. So erhalten Sie als Kunde nicht nur eine Einschätzung zur Gültigkeit der automatischen Vertragsverlängerung, sondern auch zu Ihren Chancen und möglichen Vorgehensweisen und werden freilich auch bei der aktiven Durchsetzung Ihrer Rechte begleitet und vertreten. Doch empfiehlt sich juristische Unterstützung für beide Vertragsparteien: Ein Anwalt kann mitunter auch bei der rechtssicheren Gestaltung des Vertrages helfen, um etwaige Rechtsstreitigkeiten bereits im Vorfeld zu vermeiden.
FAQ: automatische Vertragsverlängerung
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