Die Besonderheit des Leihvertrags besteht darin, dass der Entlehner die Leihsache nach dem Gebrauch wieder an den Leihgeber zurückgeben muss. In diesem Kontext ist es wichtig, dass sich um genau die verliehene Sache handelt. Eine ähnliche Sache zurückzugeben, ist nicht als Erfüllung des Vertrags zu verstehen. Sie können also nicht ein bestimmtes Buch ausleihen und schließlich ein anderes Buch zurückgeben (selbst wenn es der gleiche Titel ist). Außerdem ist entscheidend, dass die Leistung unentgeltlich erfolgt. Das bedeutet, dass dem Entlehner die Sache kostenlos zur Verfügung gestellt werden muss. Andernfalls läge kein Leihvertrag vor – sondern vielleicht ein Mietvertrag oder ein ähnliches Vertragskonstrukt.
Abgrenzung zwischen Mietvertrag und Leihvertrag
Auf den ersten Blick sind sich Mietvertrag und Leihvertrag nach dem Recht in der Schweiz ähnlich. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass die Leihe unentgeltlich erfolgt. Der Entlehner muss also keinen Mietzins an den Leihgeber entrichten. Bei einem Mietvertrag gehört die Zahlung von Mietzinsen zu den Hauptleistungspflichten. Wenn Sie also ein Auto haben, dann können Sie es entweder gegen Geld vermieten oder kostenlos verleihen. Es ist nicht möglich zu sagen, dass eine Vertragsart besser oder schlechter als die Andere ist. Hier kommt es auf Ihren Willen an: möchten Sie eine Gegenleistung erhalten oder kostenlos zur Verfügung stellen?
Anwendungsfälle des Leihvertrags
Im Alltag kommt es häufig zu Leihen, obwohl gar kein schriftlicher Leihvertrag geschlossen wird. So handelt es sich beispielsweise um ein Leihverhältnis, wenn Sie Ihrem Freund ein altes Handy für einige Tage kostenlos überlassen. Auch dann, wenn Sie in der Bibliothek ein paar Bücher mit Ihrer Mitgliederkarte ausleihen und Sie dafür kein Geld zahlen müssen, handelt es sich um einen Leihvertrag. Ein bekanntes Beispiel für einen Fall, in dem keine Leihe vorliegt, sind die häufig in Städten zu findenden Fahrradverleihs. Obwohl diese “Verleih” im Namen haben, handelt es sich zumeist um Fahrradvermietungen, da Sie die Zeit, die Sie das Rad nutzen, bezahlen müssen.
Vertragsparteien im Überblick
Bei einem Leihvertrag handelt es sich um ein sogenanntes synallagmatisches Schuldverhältnis. Es gibt also zwei Parteien, die jeweils eine Willenserklärung abgeben müssen. Einseitige Verfügungen qua Leihvertrag sind ausgeschlossen. Die Parteien des Leihvertrags werden “Verleiher” und “Entlehner” (auch: Entleiher) genannt. Damit der Vertrag rechtswirksam wird, müssen beide Parteien den Vertragsschluss wollen.
- Verleiher: Hat eine Sache, die durch den Leihvertrag dem Entlehner zur unentgeltlichen Nutzung versprochen wird.
- Entlehner: Bekommt die Sache vom Verleiher und muss diese nach dem Gebrauch an den Verleiher zurückgeben.
Leihvertragstypische Leistungspflichten
Der Vertrag begründet gewisse Leistungspflichten für beide Parteien. Man unterscheidet hier zwischen Hauptleistungspflichten und Nebenleistungspflichten. Die Hauptleistungspflichten sind dabei entscheidend dafür, dass ein Leihvertrag erfüllt / erledigt werden kann. Sollte eine Vertragspartei Haupt- oder Nebenleistungspflichten verletzen, so kann das zu einem Anspruch der Gegenpartei führen. Regelmässig sind die Rechtsfolgen Schadensersatz oder Beseitigung gem. der Art. 258 ff. OR.
Hauptleistungspflichten des Leihvertrags
Durch einen Leihvertrag ist der Verleiher verpflichtet, die vereinbarte Sache dem Entleiher unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Das steht in Art. 305 OR. Im Gegensatz dazu muss der Entlehner die Sache nach dem Gebrauch zurückgeben. Dies findet sich ebenfalls in Art. 305 OR.
Nebenleistungspflichten des Leihvertrags
Die Nebenleistungspflichten können durch die Vertragsparteien individuell geregelt werden. Es herrscht grundsätzlich Vertragsfreiheit, sodass es schlicht auf eine einvernehmliche Einigung ankommt. Neben vertraglichen Abreden können auch gesetzliche Vorgaben zu Nebenleistungspflichten werden. Ein Beispiel dafür ergibt sich aus Art. 307 Abs. 1 OR. Demnach muss der Entlehner die Kosten tragen, die für die Erhaltung der Sache anfallen.